Die neue Welt der Arbeit – eine Paradigmendämmerung

Irgendwas stimmt nicht. Die Maschine, die lange lief wie geschmiert, stottert. Und mit ihr die Metapher, dass Unternehmen so funktionieren, wie wenn Zahnräder ineinander greifen. Mechanistisch. Tack. Tack. Tack. Und jetzt plötzlich ruckelt sie, die Maschine. Stottert. Sand im Getriebe? Sind die Menschen der Sand? Oder ist es die Metapher, die bröckelt und die Maschine zum Stehen bringt. Aus mit dem Industriezeitalter. Aus mit dem Glauben, dass der Mensch auf wenige Handgriffe zu reduzieren und am Besten austauschbar ist – wie ein Rädchen, das nicht mehr rund läuft. Aus. Mit den Sicherheiten. Aus mit den Kausalitäten, an die man sich halten kann. Wirkungen verändern die Ursachen. Und Effekte ziehen uns neuerdings den Teppich weg.

Wie geht es weiter? Geht es überhaupt weiter? Sollen wir aussteigen und zu Fuß weitergehen? Die Maschine einfach liegenlassen? Am Straßenrand. Und neue Wege gehen?

Modernes - oder sollen wir sagen "klassisches"? - Management hat uns gelehrt, dass wir in solchen Fällen aus Fragezeichen eine Standortbestimmung machen. Den Punkt A benennen und festhalten. Und dann ein Ziel definieren, wohin es gehen soll. Und schon werden wir die Zukunft wieder leuchten sehen. Werden wieder wissen, wohin. Und wenn wir die Richtung kennen, ist auch der Betonmischer griffbereit, der uns mittels einer GAP-Analyse die gerade Autobahn zum Zielpunkt B aufschüttet. Ärmel hoch! Vorwärts! Doch was ist mit dem Beton passiert? Er härtet nicht. Bleibt flüssig. Wir mischen und mischen und die Zukunft fällt jeden Augenblick auf die Gegenwart zurück. Das ist die Lage.

Wir leben in einer VUKA-Welt. Sie ist volatil (sprunghaft), unsicher, komplex und ambivalent. Was das für Unternehmen bedeutet? Dass auch sie keine trivialen Wurstmaschinen sind, wo man oben hineinstopft, was unten herauskommen soll. In dieser Situation ist Wendigkeit gefragt und Segeln auf Sicht. Und: ein neuer Führungsstil.

Die neue Arbeitswelt beginnt in dem Moment, in dem wir begreifen, dass es heute nicht mehr darum geht, schnell angelernte Arbeitskräfte ein paar wenige Handgriffe wiederholen und möglichst effizient ausführen zu lassen; nicht mehr darum, Richtungsvorgaben ins Megaphon zu brüllen. Sie beginnt, wenn wir begreifen, dass der Erfolg von Unternehmen heute davon abhängt, inwieweit Mitarbeiter selbstständig Probleme lösen und im Umgang mit Kunden Mehrwert schaffen; und dass man Kreativität, Engagement und Qualität eben nicht verordnen und mit der Stoppuhr in der Hand messen kann. Wer kreative Prozesse ermöglichen will, muss für inspirierende Rahmenbedingungen sorgen, in denen Ideen blühen und geteilt werden.

Der narrative Zugang markiert einen Paradigmenwechsel

Die neue Welt des Arbeitens lebt von der Vielfalt der Persönlichkeiten, Arbeitsstile und Szenarien, die sie unterstützt. Dementsprechend gibt es weder einen Universalschlüssel noch ein Patentrezept, um diese neuen, labilen sozialen Architekturen, wie Luc Galoppin sie nennt, zu balancieren.

Aber es gibt einen Zugang, der Innovation und Eigeninitiative fördert; einen Zugang, der nicht vorschreibt und zementiert, sondern öffnet und im Festgefahrenen neue Möglichkeitsfenster erkundet; der nicht reduziert, sondern anreichert, verdichtet; der die Vielfalt fördert und nicht den Singular. Der nicht das Narrativ der Knappheit weitererzählt, sondern davon ausgeht, dass wir reich sind, wenn wir es schaffen, die vorhandenen Potenziale zu entfalten. Einen Zugang, der Fragen so stellt, dass wir die Antworten darauf nicht vergessen können; weil diese Fragen keine Informationen einholen, sondern neue Erfahrungen provozieren. Einen Zugang, der nicht belehren, sondern in ein gemeinsames Lernen münden will. Der nicht von außen Anweisungen gibt, sondern von innen heraus - im dialogischen Miteinander -  die Spielzüge neu entwirft.

Die Eishockey-Ikone Wayne Gretzky wurde einmal nach dem Geheimnis seines Spiels gefragt und seine Antwort war so lapidar wie verblüffend:

I skate to where the puck is going to be, not where it has been.

Wir stehen an einer Gabelung. Am Übergang vom Industriezeitalter ins Wissenszeitalter. Und dieser Satz von Wayne Gretzky markiert exakt jene Fähigkeit, auf die wir heute angewiesen sind; den Punkt, an dem klassische Management-Disziplinen kläglich scheitern. Weil es eben nicht mehr darum geht zu zeigen, wo der Puck in der letzten Spielzeit war. Mit allen Details und Verweildauern. Sondern darum, die Dynamik des Spiels aufzunehmen und vorherzusehen, wo der Puck in den nächsten Sekunden sein wird. Mit linearen Ableitungsversuchen wird man da nicht viel ausrichten. Diese Antizipation gelingt nur dem Spieler, der (intuitiv und wendig und selbstverantwortlich) direkt am Spielfeld in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung trifft. Vorbei die Zeiten, wo wir zuerst in die Analyse gingen und daraus eine präzise Aktion ableiteten.

Als narrative Begleiter sind wir alle gemeinsam im Fluss und wenn wir gut sind, dann suchen und finden wir die Passagen des Kehrwassers, an denen Reflexion möglich ist. Reflexion ist das Ferment jeden Wandels. Als Wissensarbeiter sind wir nicht Wissende, sondern Lernende. Jeden Tag. In die Zukunft geworfen. Unsere Geschichten, die wir über sie erzählen, bestimmen, was wir sehen und wer wir sind.

 

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PS: Das Original dieses Blogposts finden Sie auf: https://almblitz.wordpress.com/2017/01/24/die-neue-welt-der-arbeit