In der aktuellen Ausgabe des Wendepunkts (Wendepunkt #37, herausgegeben vom Verband für Film- und Fernsehdramaturgie e.V.) finden sich eine Reihe spannender Beiträge.
Arno Aschauer hat uns auf zwei besonders interessante Artikel hingewiesen:
Systemische Dramaturgie
Roland Zag beschreibt in seinem Beitrag die Grundzüge einer "Systemischen Dramaturgie". Eine Dramaturgie und Erzählweise, die auf die komplexen Verstrickungen einer zunehmend verbundenen, in komplexen Systembezügen verstrickten Welt reagiert:
Die geeignete Metapher ist das Pilzmyzel mit seinen unterirdischen Verbindungen, die viel weiter reichen, als wir von außen erkennen können. Pilze schießen zwar nach einem bestimmten Zufallsprinzip aus dem Boden, sind aber unterirdisch verbunden. In der systemischen Dramaturgie geht es also um die Auseinandersetzung mit überpersönlichen Gebilden, die sich dem direkten Blick des Zuschauers bzw. der Hauptfiguren entziehen. (S. 10)
Der Unterschied zwischen dieser entstehenden Erzählform und einem "klassischen" Erzählen besteht in der Möglichkeit der Protagonisten auf die Lösung eines Problems einzuwirken. Während die "systemische Dramaturgie" die Trägheit der Systeme und die Ohnmacht der Protagonisten gegenüber diesen Systemen in den Mittelpunkt stellt, gehen "klassische" Erzählformen davon aus,
dass sich spezifische Problemstellungen mehr oder weniger komplett aus der Welt schaffen lassen, wenn man nur richtig kooperiert. [...] Systemische Dramaturgie verzichtet auf solche Lösungen. Einfache Gegensätze verschwinden zugunsten einer immer undurchdringlicheren Verflechtung. Ethische Haltungen schwanken oder lösen sich auf; wirkliche Erfolge im Kampf gegen die höheren Mächte sind immer nur zum Teil oder zum Schein möglich (S. 11).
Ein spannender Artikel und der Verweis auf einen Ausbau dieser Überlegungen in den kommenden Ausgaben macht neugierig.
Wir kommen vom Denken und gehen ins Handeln
In einer kurzen Nachlese zum "Kreativlabor Heldenprinzip" berichten Jenny Alten und Nina Trobisch wie künstlerische Methoden und die Dramaturgie des Heldenprinzips genutzt werden können um kreative Impulse zu setzen.
In einem Kreativlabor begegneten die Teilnehmer mit künstlerischen Arbeitsweisen der Fragestellung: Was brauchen wir Dramaturgen für einen gelingenden Veränderungsprozess? In nur eineinhalb Stunden entstanden aus diesem Denkimpuls und zur Verfügung gestelltem Material (Bücher, Seile, Klebeband) in kleinen Gruppen spontan assoziative Artefakte; völlig unvorhersehbar und extrem verschieden. Die Teilnehmer fanden durch die hergestellten Artefakte im Transfer intuitiv zu Denkanstößen und Lösungsansätzen. Auch sie selbst waren überrascht, dass ganz spielerisch und leicht vielfältige Ergebnisse aus dem schöpferischen Prozess aufsteigen und in der anschließenden Reflexion Bedeutung gewinnen. Aus den Artefakten wurden Gedanken und Assoziationen generiert, die ein weiteres Nachdenken über die Arbeit mit der Heldenreise im Film anregen (S. 19).
Dieses Zitat gibt einen guten Eindruck vom Arbeiten im Rahmen des Heldenprinzips. Wir freuen uns auf den Workshop mit Nina Trobisch bei BEYONDSTORYTELLING:
Die genannten Artikel (wie auch das ganze Heft) lassen sich hier downloaden.