Change Management

Change-Prozesse und das „Unternehmen im Kopf“ / Exploring the “company in the mind”

Die Kultur und die Identität eines Unternehmens lässt sich nicht aus CI-Manualen, Mission Statements oder den Hochglanz-Präsentationen im Meeting-Raum erkennen. Die gelebte Kultur ist in den Köpfen der Mitarbeiter, sie lässt sich nur aus ihrem Handeln, ihrer Kommunikation erkennen, aus dem, was sie für möglich und unmöglich, für wünschens- oder ablehnenswert halten. Dies ist das „Unternehmen im Kopf“: das tatsächliche soziale System, in dem die Mitarbeiter leben und arbeiten, und in dem verborgene Regeln gelten, die niemandem bewusst sind, nach denen aber alle handeln. Man kann sich leicht vorstellen, dass es für den Erfolg jedes Change-Projekts entscheidend ist, diese verborgenen Regeln, die Glaubenssätze der Mitarbeiter, das „Unternehmen im Kopf“, zu kennen.

Da weder Führungskräften noch Mitarbeitern die verborgenen Regularitäten ihres Systems bewusst sind, kann man sie als Change-Berater nicht einfach danach fragen. Aber: Man kann sie erzählen lassen, von ihren alltäglichen Erfahrungen, von ihren Erlebnissen im Unternehmen. Denn im Erzählen werden die tatsächlichen Motive, Hintergründe, Regeln, denen Handeln und Kommunikation folgen, deutlich. Es entsteht eine „narrative Systemlandkarte“, die das „Unternehmen im Kopf“ abbildet und eine verlässliche Grundlage für Change-Prozesse bildet.

Im Workshop werden die narrativen Grundlagen des „Unternehmens im Kopf“ und der Methode der „narrativen Systemlandkarte“ vermittelt. Gemeinsam werden wir dann anhand von Praxisbeispielen Elemente eines „Unternehmens im Kopf“ rekonstruieren und Folgerungen für das Design möglicher Changeprozesse ziehen.

The true identity of an organization, of a company is not written on paper as CI descriptions or mission statements. The true identity is hidden in the minds of the employees, in the communication between them. This is the “company in the mind” – the hidden rules of the system. For every change project it is crucial to know these rules, otherwise there is great probability to fail.

But to make these hidden rules visible you can’t simply ask the employees – for they aren’t aware of them. But you can ask them for their stories, their everyday experiences while working for the company. From the patterns of these stories the system rules become obvious, a narrative system map is evolving in which the obstacles and the chances the change process has to deal with are visible.

In the workshop we will talk about the narrative basics of the “company in the mind” and try out some ways to reconstruct it from stories told by the employees.

Facilitator:

CLIMBING MOUNTAINS. MOVING MOUNTAINS – Culture Change from a narrative perspective

Culture is continuously co-created. In society and organizations every conversation reflects culture and shapes identities. The way we relate to each other and to our organizations. The endless process of meaning making is not happening in a vacuum but culturally embedded. The construction of identity is always challenging existing codes and cultural patterns.

The fact that our self is a construction nurtured by social contexts is from a narrative view not disappointing but a massive opportunity; because every construction is principally de- and re-constructable, and therefore shapeable by us.

A workshop for StoryWorkers-to-be – people who want to challenge cultural fixations and belief systems, and try to open windows into the possibility land.

Struktur und Dramaturgie in Veränderungsprozessen: Das Heldenprinzip®

Veränderung verläuft seit Jahrhunderten und in allen Kulturen nach einem Grundmuster: Menschen, Teams oder ganzen Organisation brechen aus der gewohnten Lebenswelt in die Unwägbarkeiten des Unbekannten auf und reifen auf diesem risikoreichen Weg zum Meister der Veränderung. Diese dramatische Schrittfolge ist Im kollektiven Gedächtnis bildhaft als Heldenreise verwurzelt. Zu finden ist es weltweit in Mythen, Märchen, Filmen, Games ect.

Wir haben diesen mythologischen Weg des Helden, wie er über Generationen vervielfältigt und in der Kunst verdichtet wurde für die heutige Realität als Grundstruktur der Veränderung transferiert. Sie in der Gegenwart zu nutzen heißt, inneren und äußeren Dynamiken von Veränderung besser verstehen, klarer zu reflektieren und ganzheitlicher gestalten zu können.

Der Workshop soll einen Eindruck vermitteln von der universellen Veränderungsdramaturgie Heldenprinzip®, ihren Anwendungskontexten und ästhetisch- künstlerischen Methoden, die einen schöpferischen Zugang zu Veränderung öffnen.

Change-Management – von großen Stories und Ideen, vom Unternehmensgedächtnis und von Langmut

Letzten Freitag Vormittag, 10:30 Uhr. Mein Puffer für die Anreise war größer als sonst, ich wollte auf jeden Fall ausreichend Zeit im Meetingraum haben, um anzukommen und mich zu sammeln. Selten war ich so nervös, wenn es um eine Präsentation ging.

Ich sollte einem knappen Dutzend der Top-Führungskräfte eines großen Stahlherstellers einen Ergebnisbericht zum Rollout einer Workshop-Reihe mit dem vielversprechenden Titel „Workshop zur Stärkung der Compliance-Kultur“ liefern. Ich sollte dem Topmanagement erzählen, ob diese großflächige Intervention bei den rund 400 Führungskräften im mittleren Management bis zu den Meistern in der Fertigung den Wert „Compliance“ auf den Weg gebracht hat.

 

Im Vergleich zur Durchführung der Workshops an sich keine schwere Aufgabe! Denn ich hatte nach dutzenden Durchführungen dieses Workshops genügend Meinungen, Geschichten, Stimmungsbilder und Appelle der Teilnehmer gesammelt, um der Führungsetage ein sehr detailliertes Feedback geben zu können, wie es um den Wert Compliance bestellt ist.
Der einzige Haken an der Sache: ich hatte keine guten Nachrichten für meine Zuhörer! Ich konnte nicht berichten, dass der x-fach durchgeführte Workshop zur Stärkung der Compliance-Kultur an den Einstellungen der Mitarbeiter, an deren Werten und Überzeugungen auch nur irgendetwas geändert hat.

Natürlich musste es ausgerechnet heute eine lange Verzögerung am Empfang durch die Formalien des Werkschutzes geben, natürlich klappte die Technik nicht auf Anhieb… Prompt fand ich mich zeitgleich mit den Topmanagern im Raum, denen ich mich gleich als die Botin von schlechten Nachrichten outen musste:

    „Ihre Intervention mit dem Ziel, mehr Bewusstsein für Compliance-konformes Handeln zu schaffen, wird missverstanden als ein katastrophaler Urteilsspruch des Topmanagements an die Mannschaft: „Ihr werdet in diese Workshops geschickt, weil Ihr nicht Compliance-konform handelt!“ Dementsprechend zieht sich die Mannschaft zurück und wartet tief gekränkt ab, bis alle Aktivitäten und Schulungen zu Compliance wieder Vergangenheit sind und bis das Management zum erneuten Angriff auf sie mit einem neuen Changeprogramm rüsten wird.“

Doch wie konnte es geschehen, dass eine nach besten Wissen und Gewissen aufgesetzte Kommunikationsstrategie, die eigentlich nur mit konkreten Fallbeispielen für die Notwendigkeit von Compliance-konformen Handeln warb und sich der Aufklärung durch Sachinformationen widmete, dass also eine als Hilfestellung gedachte Kommunikationsstrategie so fatal missverstanden wurde?

Change-Management hat mächtige Gegner oder aber Verbündete: die Narrationen im Unternehmensgedächtnis

Der Konzern blickt auf eine lange Unternehmensgeschichte zurück, in der Werte wie Zusammenhalt, Loyalität, Wir-Gefühl, Ehre und Stolz auf die Hütte gelebt wurden. Niemals wäre man früher auf die Idee gekommen, den Kollegen zu melden, wenn dieser ein Werkzeug mit nach Hause genommen hat! Die Hütte war für alle da, alle waren für die Hütte da! Das Unternehmensgedächtnis liefert unzählige Erzählungen, wie die Meister zusammen mit der Mannschaft einen über den Durst tranken, wie zusammen gegrillt und gefeiert wurde in der Dienstzeit, wie man einander beim Reparieren der Privat-PKWs in den Werkshallen half. „Wir halten zusammen, wir sind die Hütte!“ – diese Botschaft schmolz die Mannschaft, die Führung, den Vorstand zu einem großen sinnstiftenden Ganzen zusammen.
Nun kommt mit „Compliance“ ein neuer Wert daher, der diesen Zusammenhalt scheinbar bedroht: nun soll man sich an Regeln halten, die Kollegen verpfeifen, den Führungskräften Bescheid geben, wenn Unregelmäßigkeiten auffallen. Die Führungskräfte stehen nun plötzlich außerhalb der Gemeinschaft, sie werden zu Wächtern und Kontrolleuren. Und sie formulieren Drohungen: „Wir müssen unser Image beim Kunden retten, sonst verlieren wir unseren Arbeitsplatz!“ „Wer nicht Compliance-konform handelt, wird gekündigt!“

Was mich also wirklich nervös machte, war die Aussicht auf empörte, persönlich gekränkte Reaktionen, denn ich hatte den Entscheidern zu sagen, dass die gesamte Top-Down Kommunikation des Unternehmens zu Compliance aus Negativ-Botschaften bestand und in erster Linie Angst schürte.

Change-Management braucht reflektierte Führungskräfte, positive Botschaften und vor allem eine gemeinsame Vision, die an das Unternehmensgedächtnis andockbar ist!

Sie waren in der Tat erschrocken. Das tiefe Misstrauen ihrer Mitarbeiter in die Führungsetagen und den Vorstand überraschten und beunruhigten sie. Doch das Meeting verlief anders als ich dachte: keiner fühlte sich persönlich angegriffen, alle waren vielmehr ratlos, wie man dem Unternehmensgedächtnis, den tief verwurzelten Erfahrungen der Mitarbeiter, dass es „früher anders und viel besser war“, beikommen könne. Wie können sie ihre Kommunikationsstrategie, ihr Storytelling von Botschaften so verändern, dass der Wert „Compliance“ nicht mehr als Angriff auf die „guten, alten Zeiten“ empfunden wird?

Erst der Vorschlag, die Mitarbeiter nicht länger als potentielle Abweichler und Regelbrecher, sondern als Mitstreiter auf dem Weg zu einer Compliance-Kultur zu betrachten, löste die Spannung im Raum. Es schien, als würden alle von einer Leitidee getragen werden: wir schaffen alle zusammen eine Kultur des Vertrauens und Miteinanders und helfen alle mit, eine Compliance-Kultur zu gestalten.
Was war geschehen? Meine Hypothese: die gemeinsame Leitidee für die Unternehmenskommunikation greift die im Unternehmensgedächtnis bewahrten alten Werte des Zusammenhalts und des Wir-Gefühls auf. Da die Führungskräfte wie auch ihre Mitarbeiter in eben diesem Unternehmen sozialisiert sind, erleben sie das Zurückfinden zu ihren eigenen Werten als Befreiungsschlag. Auf dieser neuen (oder vielmehr wiederentdeckten) Wertebasis konnten die Topmanager nun sehr konstruktiv diskutieren, was zu tun ist, um die Kommunikationsstrategie zu Compliance zu verbessern und ihr Storytelling mit positiven Botschaften zu füllen.

Meine Nervosität legte sich im Laufe des Termins und wich der Hoffnung, dass die Botschaften der vielen Workshop-Teilnehmer, deren Misstrauen und Kränkung gegenüber der Führung, einen wirklichen Change beginnen lassen: den Beginn eines gemeinsamen Gestaltens der Hütte von morgen.
Das ist natürlich ein kleineres Ziel im Vergleich zum ursprünglichen Ziel des Changeprogrammes, den Wert „Compliance“ zu verstetigen – doch: jede Narration von Unternehmenswandel zeigt, dass in Changeprozessen Langmut angesagt ist, denn ein Wertewandel dauert Jahre! Und er braucht eine gemeinsam erzählte Geschichte, die Sinn stiftet und die an das Unternehmensgedächtnis andockbar ist.

Beste Grüße sendet Christine Erlach

(first published here)